Deine Bestattung: Wie stellst Du Dir Deinen Abschied von dieser Welt vor?

Viele Menschen vermeiden es, sich mit Themen wie Sterben, Bestattung oder Trauer auseinanderzusetzen. Warum auch? Hat ja noch Zeit, oder? Sterben betrifft doch nur die anderen! Das geht so lange gut, bis es in Deinem Umfeld losgeht. Bis vor fünf Jahren war mir klar, dass die alten Leute sterben und die jüngeren noch genügend Zeit haben, das Leben zu genießen. Bis zu dem Tag, an dem Andreas seine Diagnose bekam. Da schlug der Asteroid auch bei uns ein. Und er hinterließ einen fetten, unübersehbaren Krater. 

Was meinst Du, sind Themen, mit denen sich Erkrankte und ihre Angehörigen auseinandersetzen möchten? Ganz sicher nicht die Fragen “Wie möchtest Du bestattet werden?” “Welche Musik sollen wir bei Deiner Trauerfeier spielen?” “Wer soll zu Deiner Trauerfeier kommen und wie soll sie gestaltet sein?” “Was sollen wir über Dich erzählen, oder möchtest Du das vielleicht selbst schreiben?”

Krass, denkst Du?

Als der Arzt zu uns sagte, dass wir unsere Angelegenheiten regeln sollten, stürmten neben der Unfassbarkeit der Diagnose auch ganz viele Fragen auf uns ein. Fragen, die wir im Vorfeld schon hätten klären können – wenn wir die Option in Betracht gezogen hätten, dass einer von uns wesentlich früher geht, als es unsere Lebensplanung vorgesehen hatte.

Geburt – Ausbildung – Arbeit – Rente – Tod

So in etwa stellen wir uns unseren Lebenslauf vor. Andreas und ich waren beide selbstständig. Wir investierten nicht nur unsere Lebenszeit sondern auch unsere Altersabsicherung in die Unternehmen. Weil wir davon überzeugt waren, dass wir das alles wieder reinholen können. Wenn wir die Firma verkaufen, oder die Geschäftsidee haben, mit der wir in überschaubarer Zeit das wieder reinholen, was wir investiert hatten. 

Dann kam Corona. Und dann der Krebs.

Puff machte die Zukunftsplanung. Und wir saßen in dem kleinen Pavillion in der Allee in Baden-Baden und Andreas fragte mich: “Was für eine Beerdigung bekomme ich eigentlich?” “Was müssen wir beachten, damit Du die Firma übernehmen kannst?” 

Ich wollte darüber nicht nachdenken, ich wollte laut schreien. Doch kein Ton kam aus der Kehle. Mir war nur klar, eine klassische Beisetzung auf dem Friedhof mit Blumenbeet und feierlichen Gestecken zu allen kirchlichen Feiertagen kam für mich nicht in Frage. Und zum Glück wollte er das auch nicht. Ausgesprochen, was er sich wünscht, hatte er jedoch nicht. Wir versuchten, das finanzielle noch zu regeln, damit ich irgendwie abgesichert war und vor allem, dass niemand Fremdes die Geschäftsführung übernehmen konnte. Ein paar Tage nach dem Notartermin starb Andreas. Vollkommen überraschend für alle Ärzte und natürlich auch für mich. 

Wie willst Du bestattet werden?

Ein guter Freund half mir bei den Formalitäten beim Bestatter, die Entscheidung, ob Andreas aufgebahrt werden sollte, was er im Sarg trug, wo die Trauerfeier stattfinden sollte, wo er beigesetzt werden sollte, das war meine Aufgabe. Ich trauerte und sollte mich mit solchen Dingen beschäftigen? 

Ich entschied mich für den Friedwald. Den es noch nicht gab. Der noch entstand. Und damit entschied ich mich für eine Feuerbestattung. Und dafür, dass es bis zur endgültigen Beisetzung noch ein ganzes Jahr dauern sollte. So lange, bis dieser Friedwald endlich eröffnet wurde. Ein Jahr keine Stelle, an die wir hingehen konnten, um stumm zu kommunizieren, zu weinen, sich zu erinnern. 

Als Tag für die Trauerfeier wählte ich unseren Hochzeitstag. Das konnte ich mir gut merken. Das war unser Tag. Den Baum, zu dessen Füßen Andreas seine letzte Ruhestelle fand, suchte ich selbst aus. Es wurde nicht der große, mächtige Baum, sondern einer, der noch wachsen durfte. Ich möchte noch nicht dorthin. Ich wünsche mir, dass ich noch viele Jahre leben darf, bevor auch ich an diesen Baum komme. 

Sprich darüber, was Du möchtest und was nicht

Sich mit der eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen fällt schwer. Denn damit fängst Du an, darüber nachzudenken, wieviel Zeit Dir vielleicht noch bleibt und ob Du diese Zeit sinnvoll nutzt. Ob das sinnlose Hineinstarren in einen Fernseher oder das endlose Scrollen in Social Media tatsächlich das beste ist, was Du mit der Zeit anstellen kannst, die Dir bleibt. 

Ob es wirklich eine gute Idee ist, in einem ungeliebten Beruf zu bleiben, nur weil Du Angst hast, noch einmal etwas neues zu probieren. Deine Zeit mit Menschen zu verbringen, die Dich ermüden, mit denen Du nichts anfangen kannst, vor lauter Angst, einsam zu sein. 

Durch den Tod von Andreas ist mein Leben nochmal ein ganz anderes geworden. Zum einen, weil ich von diesem Moment an alleine dafür verantwortlich war, wie mein Leben verläuft und wie ich meine Zeit verbringe. Zum anderen, weil ich erlebt habe, wie sich von heute auf morgen eine einlullende Lebensplanung in Nichts auflösen kann. 

Tu Dir selbst und den Menschen, die Du liebst, folgende Gefallen:

  • Formuliere eine Patientenverfügung.
  • Schreibe auf, wie Du gerne bestattet werden möchtest. Egal, gilt nicht, Du verschiebst damit eine Entscheidung, die Du nicht treffen willst, an jemand anderes. 
  • Hast Du besondere Wünsche für Deine Trauerfeier? Besondere Musik, die Art und Weise, wie sich Deine Familie und Freunde kleiden sollen? 
  • Wie soll Dein “Leichenschmaus” aussehen? Klein und bescheiden oder wünscht Du Dir eine letzte große Party?
  • Welche Blumen möchtest Du auf keinen Fall auf Deinem Sarg/Deiner Urne sehen und welche magst Du wirklich gerne?

Bestatter sind übrigens auch sehr dankbar dafür, wenn sie ganz genau wissen, welche Wünsche der Verstorbene hatte. Das denke ich nicht, sondern das haben sie mir gesagt. Und dass sie sich wünschen würden, dass die Menschen mutiger wären, den Abschied kreativer zu gestalten. Wenn eine Trauerfeier nicht wie ein notwendiges Übel sondern wie ein Dankeschön an den Menschen zelebriert wird, der von uns gegangen ist. Nichts ist einschläfernder und langweiliger als eine Trauerrede, bei der der Lebenslauf an den aufgezählt wird und nichts Persönliches Raum findet. 

Also, was wünsche ich mir für meine Bestattung?

Ich werde meinen letzten Platz unter dem Baum finden, wo mein Mann liegt, wo meine Eltern liegen möchten. Für meine Trauerfeier wünsche ich mir bunte Kleidung. Die Blumen dürfen bunt sein, wie eine Wiese mit Gräsern, ein bisschen wild, nicht zu arrangiert, pink, orange, gelb. Meine Musikliste muss ich mir noch zusammenstellen. Vielleicht etwas von Abba, wo man sofort mit dem Fuß mitwippt oder etwas swingendes aus der Rockabilly-Szene. Ich wünsche mir, dass meine Gäste sagen, dass ich das Beste aus dem Leben rausgeholt habe. Dass meine Tochter meinen Sarg farblich gestaltet und ihr Kunstwerk mit mir zusammen in den Flammen aufgeht. Und dass ich nach meinem Tod gemeinsam mit meinen Männern dem Rauschen der Blätter im Wald zuhören kann. Dem Röhren der Motorräder und dem Zwitschern der Vögel.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Beitrag teilen auf

Letzte Blogbeiträge

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner