Am Anfang Deiner Trauerzeit hattest Du sicher Freunde und Familie um Dich herum, die für Dich da waren und sich um Dich kümmerten. Doch aus meinen zahlreichen Gesprächen mit Frauen, die ihren Partner verloren hatten und auch aus meiner eigenen Erfahrung lässt diese Art von Fürsorge irgendwann nach. Einsamkeit kommt auf. Freunde ziehen sich komplett zurück und die Einladungen für gemeinsame Unternehmungen lassen nach.
Am Anfang dachte ich, dass Menschen in Alleinstehenden eine „Gefahr“ für ihre Beziehung sähen. Diese Erklärung wäre bequem, denn damit wäre ich selbst nicht dafür verantwortlich. Tatsächlich ziehen sich Alleinstehende oft zurück. Nicht, weil sie nicht ausgehen wollten, sondern weil sie mehr Aufgaben zu bewältigen haben und auch, weil sie sich nicht aufdrängen wollen.
Ich erinnere mich an meinen ersten Urlaub mit meiner Tochter im Jahr 2021. Die Corona-Auflagen waren streng, aber wir waren beide der Ansicht, dringend etwas anderes sehen zu müssen und flogen nach Mallorca in ein wunderschönes und etwas abgelegenes Hotel. Meine Tochter zog sich vollkommen zurück und genoss es, zu chillen, auszuschlafen und am Pool zu liegen. Mich zog es in die Aktivitäten und so ging ich morgens nach dem Frühstück an den Strand, um eine Runde zu schwimmen. Nie fühlte ich mich einsamer, als zu diesem Moment. Ich beobachtete Freundinnen, die plaudernd am Strand saßen, Paare, die Händchenhaltend über die Promenade bummelten und ich fühlte unendliches Mitleid mit mir selbst.
Damals schwor ich mir, dass ich aktiv werden würde, um dieses Gefühl nie wieder fühlen zu müssen. Ich hatte zwar gelernt, allein zu sein und mich mit mir selbst zu beschäftigen, aber ich vermisste den Kontakt zu anderen Menschen, die mich nahmen, wie ich war und an diesem Morgen am Strand wurde mir der Verlust so richtig bewusst.
Was ist der Unterschied zwischen Einsamkeit und Alleinsein?
Einsamkeit fühlt sich schrecklich an, es impliziert das Bewusstsein, dass einen niemand vermissen würde, wenn man von jetzt auf gleich nicht mehr da sei. Der Urlaub war natürlich trotzdem erholsam und wir verbrachten viele schöne Tage miteinander. Aber ich wusste, mir fehlt ein Partner an meiner Seite. Dass es nicht mehr mein Mann sein konnte, hatte ich akzeptiert.
Als Alleinstehende genießt Du anfänglich das Mitleid und die Fürsorge Deiner Mitmenschen. Doch irgendwann ist diese Zeit vorbei und es liegt an Dir, wie Du entweder ein neues soziales Umfeld aufbaust oder wie Du lernst, allein sein nicht mit einsam sein zu verwechseln. Allein zu sein hat durchaus seine Vorteile: keine Rücksichtname auf irgendjemanden, freie Entscheidungsgewalt, keine Verpflichtungen, aber eben auch keinen Austausch, keinen gemeinsamen Alltag oder gemeinsame Rituale, deren Existenz oder Sinn nur die Menschen kennen, die Bestandteil des Rituals sind.
Raus aus der Einsamkeit – wenn Du es willst.
Es ist wichtig, sich nicht von anderen unter Druck setzen zu lassen, „mal wieder rauszugehen“, oder sich für eine neue Beziehung zu öffnen. Wenn Du allerdings merkst, dass Du unter der Situation leidest oder Dich nur nicht traust, aktiv zu werden, dann können Dir folgende Fragen weiterhelfen:
- Was wünscht Du Dir am Allermeisten?
- Was hindert Dich daran, Dir diesen Wunsch zu erfüllen?
- Worin liegt Dein größter Schmerz, wenn es darum geht, neue Beziehungen aufzubauen?
- Wie wichtig ist es Dir, wie Dein Umfeld Dich und das, was Du tust, bewertet?
Wenn Du Dich nicht traust, auszugehen oder neue Menschen kennenzulernen, weil Du die Reaktionen Deines Umfeld fürchtest, dann wäre es vielleicht eine Option, Dich anderen Singles anzuschließen, ohne gleich auf eine Dating-Plattform zu gehen. Ich habe beispielsweise mit Meet5 sehr gute Erfahrungen gemacht. Nicht alle Veranstaltungen, an denen ich teilgenommen habe, waren gleich gut, aber ich lernte allein wegzugehen und mich auf neue Menschen einzulassen. Während dieser Zeit habe ich viele nette Menschen kennengelernt, mit manchen stehe ich heute noch in Kontakt. In diesen drei Monaten habe ich Dinge getan, die meine Komfortzone erheblich erweitert haben. Manche machten Spaß, von manchen dachte ich, sie täten es, taten es aber nicht und wieder andere überraschten mich, weil ich Spaß daran hatte und nicht damit rechnete.
Öffne Dich für Neues
Du wirst feststellen, dass in Deiner Partnerschaft manche Dinge verloren gegangen sind, die Du davor gerne gemacht hast und vielleicht entdeckst Du auch etwas, was Du noch nie gemacht hast und was Dir richtig Freude bereitet.
Meine Highlights waren zum Beispiel:
- Allein ins Kino zu gehen
- Achterbahn zu fahren
- Ein experimenteller Theaterbesuch
- Wöchentlich schwimmen zu gehen
- Mir ein E-Bike zuzulegen
- Allein auf die CMT zu gehen
- Ein Rockkonzert inklusive Golden Circle
- Helene-Fischer-Konzert
- Ein Tattoo stechen lassen
- Mich piercen lassen
- Zelten gewesen
Wichtig war mir dabei, mir zu zeigen, dass es nur ein kleines bisschen Überwindung braucht und es durchaus möglich ist, Dinge allein zu unternehmen und trotzdem Freude daran zu haben. In den vier Monaten, in denen ich bei Meet5 aktiv war, bin ich viel mutiger und unabhängiger geworden.
Das Leben ist nicht vorbei, wenn Du Deinen Partner verloren hast. Vorbei ist Dein altes Leben und Du hast die Chance, ein neues Leben zu gestalten. Behalte die alten Gewohnheiten und Aktivitäten liebevoll in Erinnerung und öffne Dich für neue Dinge, die auf Dich warten.
Vielleicht hilft Dir dieses Zitat aus dem Abreisskalender von Lars Amend:
Du bist kein Baum
Du kannst überall hin.
Nutze Deine Chancen!